Kundenservice ist in allen Branchen heute der Differenzierungsfaktor Nummer 1. In den meisten Fällen findet der Kundenkontakt über Telefon oder andere digitale Kanäle statt. So haben der Anruf beim Schuh-Versand, weil die Größe nicht passt oder der Anruf bei der Bank, um über den abgeschlossenen Vertrag zu reden, beide eine Sache gemeinsam: Die Anrufe werden in der Regel von einer automatischen Anrufverteilung (ACD) an den passenden Mitarbeiter verteilt. Sind alle Mitarbeiter besetzt, wird der Anruf beispielsweise in eine Warteschleife oder auf eine Bandansage geleitet. Da ein Anruf einer der beliebtesten Wege für Verbraucher ist, mit einem Unternehmen in Kontakt zu treten, hat die ACD eine hohe Bedeutung für jedes Unternehmen. Neuerdings fungiert die ACD ebenfalls als Verteilzentrum für alle weiteren Kontaktkanäle, wie Mail, Chat, Social Media, etc. Aus dem reinen „Automatic Call Distribution“ ist eine „Automatic Contact Distribution“ (Universal Queue ACD) geworden. Ein Service-Center ohne ACD ist somit in der heutigen Zeit kaum mehr vorstellbar.

  1. Bedeutung für das Service-Center
    ACD im Wandel
    Hauptziele
    Arten
  2. Funktionsweise einer ACD
    2.1 Technischer Prozess einer ACD
    2.2 Algorithmen einer ACD
  3. Vorteile einer ACD
    3.1 Vorteile für den Kunden
    3.2 Vorteile für das Service-Center
  4. Herausforderungen einer ACD
  5. Entwicklung & Trends
    5.1 ACD und KI
    5.2 Omnichannel-ACD
    5.3 Mobilität
    5.4 Predictive Analytics
    5.5 integrierte Wissensdatenbank
    5.6. ACD als Self-Service
  6. Investitionen in ACD
  7. Fazit

1. Bedeutung der ACD für das Service-Center

Ein Service-Center erhält täglich mehrere Tausend Anrufe. Um alle Anrufe effizient zu verteilen, nutzt man eine ACD. Die ACD steigert unter anderem die Produktivität des Service-Centers, da durch sie Anfragen schneller und zielgerichteter entgegengenommen werden können und Probleme wirksam gelöst werden. Durch die ACD wird also ebenfalls die Kundenzufriedenheit gesteigert, zudem werden bestehende Kunden gehalten.

Nicht nur für Kunden, sondern auch für Agenten hat die ACD eine hohe Bedeutung. Da die ACD die Anrufe gezielter zu den passenden Agenten weiterleitet, können die Agenten Kundenanfragen ohne ständiges Weiterleiten des Kunden oder langes Überlegen bearbeiten. Die ACD ist sowohl wichtig für Inbound-Telefonie als zunehmend auch für Outbound-Telefonie. Dies ist bei einer virtuellen Warteschleife der Fall: Der Kunde wird automatisch kontaktiert, sobald ein Mitarbeiter frei ist. Zudem kann die ACD mit einem Dialer verknüpft werden, dabei wird die Verteilungslogik der ACD nach dem Verbindungsaufbau durch den Dialer genutzt. Sie ist also nicht mehr aus dem Service-Center wegzudenken und unvermeidbar für eine gute Kundenbeziehung.

1.1 ACD im Wandel

Die Anfänge der ACD finden sich in PBX-Systemen (Private Branch Exchange). Dabei handelt es sich um eine Telefonanlage, durch welche die interne Kommunikation eines Unternehmens ermöglicht wird und externe Anrufe entgegengenommen werden. Der große Nachteil besteht darin, dass mehrere Anrufe nicht gleichzeitig bearbeitet werden können. Zudem kann es bei einer PBX-Lösung zu einer Verkehrsüberlastung kommen und sie beinhaltet keine Echtzeit-Berichterstattung. Die ACD soll dabei aber nicht bestehende PBX-Systeme ersetzen, sondern sie ergänzen und unterstützen.

Spätestens mit dem Aufkommen von Service-Centern entwickelte sich auch der Wunsch nach einer verbesserten Anrufverteilung und eines besseren Reportings:

  • Anrufe zu Spitzenzeiten blieben oftmals unbeantwortet, dies sollte die ACD verhindern.
  • Die Verteilung der Anrufe war ineffizient, durch eine zufällige Verteilung waren manche Agenten überlastet, während andere untätig waren.
  • Ohne eine ACD kam es zu langen Wartezeiten, was zu Unzufriedenheit der Kunden führte.
  • Anrufe wurden nicht nach Wichtigkeit oder Dringlichkeit priorisiert.

Weltweit bekannt wurde die ACD schon 1970. Die von Robert Hirvela entwickelte Technologie wurde zunächst von Continental Airlines genutzt. Somit war der Rockwell Galaxy Automatic Call Distributor die erste bekannte ACD auf dem Markt. Sie sollte bestehende Probleme des PBX-Systems lösen.

Die anfängliche Funktion der ACD war es, eingehende Anrufe zu verwalten und auf Agenten zu verteilen. ACD-Systeme waren technisch einfach gehalten und basierten auf Hardware-Lösungen, die eingehende Anrufe in eine Warteschlange einordneten. Die Funktionalität der ACD beschränkte sich auf das Verteilen der Anrufe, spezielle Regeln zur Verteilung gab es noch nicht.

In der heutigen Zeit hat sich die ACD zu einem unverzichtbaren Teil des Service-Centers entwickelt und sich maßgeblich verbessert. Ein großer Vorteil ist die Entwicklung zu einer Software-basierten Version. Heutzutage ist die ACD nicht mehr an lokale Telefonnetze und die jeweilige Hardware gebunden. Zudem sind moderne Lösungen in der Cloud, was zu einer globalen Reichweite führt und in Zeiten von Homeoffce auch die Nutzung dieses Systems flexibel von jeder Destination ermöglicht. Auch die Funktionalität hat sich verbessert, die ACD verfügt über unzählige Algorithmen und intelligente Verteilungsmethoden, auf die im Folgenden noch detailliert eingegangen wird. Die ACD ist außerdem an moderne Omnichannel-Strukturen angepasst, so kann sie auf verschiedene Kommunikationskanäle zugreifen und trägt zu einem verbesserten Kundenerlebnis bei. Strategische Entscheidungen werden durch die ACD erleichtert. Durch tiefgreifende Analysen und Reportings erstellt die ACD Echtzeit-Berichte, die eine rollierende Personaleinsatzplanung und damit eine Echtzeitsteuerung eines Kundenservice deutlich erleichtert.

1.2 Hauptziele einer ACD

  • Anrufe gehen nicht so einfach verloren
    Dank der ACD und seiner Funktionalität einer Warteschleife, gibt es kein direktes Besetzt für den Kunden mehr. Das flüchtige Produkt, der Anruf geht somit nicht verloren. Ein strukturiertes faires „Anstellen“, neudeutsch auch „Queueing“, ist somit gegeben.
  • Automatisierte Verteilung eingehender Anrufe
    Die ACD verteilt die Anrufe der Kunden schnell und automatisch. Die Mitarbeiter müssen so nur noch den Anruf entgegennehmen. Sie müssen nicht darauf achten, ob sich ein anderer Anruf schon länger in der Warteschleife befindet oder ein anderer Mitarbeiter besser geeignet ist, diesen Anruf anzunehmen.
  • Gleiche Auslastung der Mitarbeiter
    Durch die ACD werden alle Mitarbeiter gleichermaßen beschäftigt. Das heißt, dass es keinen freien Mitarbeiter gibt, während sich in der Warteschlange eines anderen Mitarbeiters ein Anruf befindet. Statt lange in der Warteschleife zu verbleiben, leitet die ACD den Anruf automatisch an den nächsten freien Mitarbeiter weiter.
  • Umgehen von Wartezeiten und Weitervermittlungen
    Da die ACD die Anrufe automatisch an freie Mitarbeiter weiterleitet, kommt es für den Kunden zu keiner bzw. einer verkürzten Wartezeit. Zudem leitet sie automatisch Anrufe zu den passenden Mitarbeitern weiter, dadurch wird der Weitervermittlung des Kunden an einen anderen Mitarbeiter während des Gesprächs vorgebeugt. Der Kunde kann somit idealerweise sofort mit einem qualifizierten Mitarbeiter, der eine Lösung für sein Problem hat, sprechen.

 1.3 Die verschiedenen Arten einer ACD

 Inbound-ACD

Der Begriff Inbound bezeichnet die eingehenden bzw. angenommenen Anrufe. Das heißt, der Kunde ruft im Service-Center an.  Die Inbound-ACD kommt also bei eingehenden Anrufen zum Einsatz. Die Inbound-ACD ist die bekannteste Form und wird auch am häufigsten genutzt.

Outbound-ACD

Im Gegensatz zur Inbound-ACD steht die Outbound-ACD. Die Outbound-ACD wird für Anrufe genutzt, die vom Service-Center ausgehen. Sie wird oftmals für Service-Center-Outbound-Kampagnen genutzt oder im Telemarketing eingesetzt. Sie unterstützt beim Kampagnenmanagement, indem diese das Erstellen und Verwalten von Kampagnen, bei denen ausgehende Anrufe erforderlich sind, vereinfacht. Durch die Outbound-ACD können automatisch Anrufe getätigt werden. Diese kann die Anrufe ebenfalls nach bestimmten Kriterien, wie Anrufpriorität sortieren.

Eine ergänzende Funktion der Outbound-ACD ist das Predictive Dialing. Sie kann Vorhersagen darüber treffen, wann Agenten verfügbar sind und somit automatische Anrufe an Kunden tätigen. Es werden Leerlaufzeiten reduziert, wodurch mehr Anrufe getätigt werden können, und die Effizienz und Produktivität gesteigert wird. Diese Form bietet vor allem Vorteile, wenn ein hohes Anrufvolumen bewältigt werden muss, da sie an verschiedene Kampagnengrößen angepasst werden kann.

Universal Queue ACD

Durch die Universal Queue ACD werden nicht nur Anrufe verteilt, sondern auch andere Kommunikationskanäle aufgegriffen. Dabei werden E-Mails, Chats, Faxe und vieles mehr von der ACD verteilt. Wir sprechen dann auch gerne von einer Automatic Contact Distribution. Dadurch werden alle Kanäle mit einem Service-Center in Kontakt zu treten zentral technisch gebündelt und an die Mitarbeiter strukturiert verteilt. Die Universal Queue ACD bietet also die Möglichkeit, dass auch diese Kunden, die andere Kommunikationskanäle bevorzugen, die gleichen Vorteile genießen und der Reihe nach und gleichzeitig „Skill based“ servisiert werden. So ist es egal über welchen Weg die Kunden mit einem Unternehmen in Kontakt treten, eine Lösung für ihr Problem erhalten sie in gleicher Form und Güte von dem richtigen Mitarbeiter des Service-Centers.

Cloud-basierte ACD

Bei der Cloud-basierten ACD befindet sich die ACD auf einem zentralen Server in einem Rechenzentrum. Der Zugriff erfolgt über das Web und er wird auch dort verwaltet. Deshalb werden, im Gegensatz zu einer On-Premise-Lösung, alle Funktionen über das Internet abgerufen. Ein Vorteil der Cloud-basierten Variante ist vor allem die Skalierbarkeit. Die ACD kann nahezu beliebig flexibel an saisonale Veränderungen oder wachsende Anforderungen angepasst werden. Es müssen keine Hardware-Updates durchgeführt werden, was Kosten bei der internen IT spart. Ebenfalls umgeht man so die Wartungskosten. Zudem ist es möglich von überall aus auf die ACD zuzugreifen, deshalb vereinfacht die Cloud-basierte ACD das virtuelle Arbeiten zum Beispiel von zuhause oder einem anderen Standort. Da die Arbeit im Homeoffice mittlerweile für viele Mitarbeiter unverzichtbar ist, ist die Cloud-basierte Anrufverteilung oftmals die beste Lösung für das Service-Center.

2. Funktionsweise einer ACD

2.1 Technischer Prozess einer ACD

Anruferidentifikation

Die ACD kann auf verschiedene Systeme zurückgreifen, um den Anrufer zu identifizieren. Voraussetzung dafür ist in der Regel die sogenannte Anruferkennung (auch CTI genannt). Die Rufnummer des Anrufers wird genutzt, um Informationen zu dieser Nummer aus angebundenem System auszulesen und den Mitarbeitenden zur Verfügung zu stellen. Durch die Integration von CRM-Systemen wird das entsprechende Kundenprofil des Anrufers identifiziert – falls dieses bereits vorhanden ist. Dieses öffnet sich als Pop-Up bei dem zuständigen Agenten. Das Kundenprofil enthält wichtige Informationen, wie bisherige Interaktionen oder Kaufvorgänge. Zudem hat der Agent die Möglichkeit Chat-Verläufe, E-Mails oder Ähnliches abzurufen. Hat der Kunde also bereits mit dem Unternehmen interagiert, kann der Agent darauf eingehen. Somit kann der Agent besser auf die Bedürfnisse des Anrufers eingehen und einen kontinuierlichen Support gewährleisten.

Außerdem gibt es ACDs mit einer integrierten Spracherkennung, so kann die ACD den Anrufer anhand der Stimme identifizieren und Anfragen kategorisieren („My voice is my password“).

Begrüßung durch IVR

Nach der Anrufidentifikation kann die ACD den Anruf an das passende IVR-Skript weiterleiten und den Kunden so begrüßen. Das Sprachdialogsystem Interactive-Voice-Response (IVR) kann die Sprachdaten analysieren und konvertieren. Das IVR-System fragt den Kunden bestimmte Fragen, die sowohl per Wähltaste als auch mit der Stimme beantwortet werden können. Die ACD leitet dann den Anruf an den passenden Mitarbeiter weiter – am besten bereits angereichert mit wichtigen Informationen, die der Kunden dem System schon mitgeteilt hat oder die das CRM-System durch die Anruferkennung bei diesem Kunden gefunden hat.

Warteschlangenmanagement

Die ACD sortiert den Anruf in eine Warteschlange ein. Dabei kann sie den Anruf nach bestimmten Kriterien einsortieren. Sie kann zum Beispiel für das Unternehmen nicht lukrative Anrufe (z.B. Kunden mit einem vergleichsweise günstigen Abonnement) nach hinten sortieren und andere Anrufe (z.B. Kunden mit einem vergleichsweise teureren Abonnement) bevorzugen. So können z.B. VIP-Anrufer am schnellsten weitergeleitet werden. Beste Kunden bekommen so auch den besten Service.

Zudem gibt es die Möglichkeit verschiedene Warteschlangen zu erstellen, so gibt es zum Beispiel eine Warteschlange für Beschwerden oder für technische Fragen. Die Warteschlangen kann man anhand verschiedener Kriterien erstellen. So können Anrufe zum Beispiel nach Sprache sortiert werden, ein englisch-sprachiger Anruf kommt so in die Warteschlange eines englisch-sprechenden Agenten. Natürlich können die Anrufe auch nach der Abteilung sortiert werden, so gelangen Anrufe, die beispielsweise die Marketing-Abteilung betreffen zum passenden Agenten.

Anruf-Routing und Weiterleitung an einen Agenten

Die ACD verteilt die Anrufe anhand der vorher angelegten Verteilungsregeln. Sie wählt dann also den passenden Mitarbeiter für den Kunden aus.

Echtzeitüberwachung und Reporting

Anhand der eingehenden Anrufe erstellt die ACD Analysen über Anrufaktivitäten, das Anrufvolumen, Wartezeiten, Service-Levels und andere Kennzahlen. So lässt sich der Erfolg des Service-Centers transparent messen. Die ACD erstellt außerdem Berichte über die zeitlichen Veränderungen, so kann das Service-Center Leistungen über eine längere Zeit messen und vergleichen. Anhand dessen können Optimierungspotenziale identifiziert werden und das Kundenerlebnis verbessert werden.

2.2 Der Algorithmus einer ACD

 Jedes Service-Center gewichtet verschiedene Anforderungen unterschiedlich. Deshalb ist es wichtig, dass man den Algorithmus der ACD individuell auf die Bedürfnisse anpassen kann. Dabei kann die ACD mehrere Informationen berücksichtigen. Und: Dabei gibt es verschiedene Methoden, die man bei der Anwendung einer ACD heranziehen kann.

Skill-Based Routing

Beim Skill-Based Routing leitet die ACD den Anrufer an einen passenden Agenten weiter. Sie leitet also den Anruf an den Agenten weiter, der die passenden Qualifikationen hat, um das Problem zu lösen. Dabei kann sie z.B. nach den Sprachfähigkeiten oder Produktkenntnissen filtern. Dabei werden die Mitarbeiter durch ein Punktesystem nach Skills sortiert. Dies verkürzt die Dauer des Telefonats, da ein Problem schneller gelöst werden kann. Zudem spart das Service-Center Kosten, da der Anruf schneller bearbeitet werden kann.

Time-Based Routing

Beim Time-Based Routing leitet die ACD die Anrufe je nach Tageszeit oder Datum unterschiedlich weiter. So können Anrufe z.B. bei Stoßzeiten anders verteilt werden.

Dadurch kann das Service-Center die Anrufverteilung an Arbeitspläne und Betriebszeiten anpassen. Das Time-Based Routing kommt vor allem gegen Tagesanfang oder -ende zum Einsatz, dann werden Anrufe häufig an Dienstleister, welche nicht im Service-Center vor Ort arbeiten, verteilt. Zudem bieten mittlerweile viele Unternehmen einen 24-Stunden Service an. So wird dieser an Mitarbeitende an einem anderen Standort, der sich in einer anderen Zeitzone befinden kann, weitergeleitet.

Direktes Routing

Neu gegründete Unternehmen haben in der Regel einen einfachen Ansatz für den Kundenservice. Sie wollen, dass die Anrufe der Kunden an die richtige Abteilung in ihrer Organisation weitergeleitet werden. In diesem Fall ist die direkte Weiterleitung (direktes Routing) das Standardmodell: Wenn sie etwas kaufen wollen, rufen sie die Verkaufsabteilung an. Wenn sie am Telefon sind, warten sie. Für den Kundendienst rufen Sie eine völlig andere Nummer an. Der Anruf wird immer mit der ersten Person auf der Liste verbunden, und wenn diese gerade am Telefon ist, wird der Anruf an die nächste Person weitergeleitet.

„Last Idle“ Routing

Mit einem ACD-System können Konfigurationen von den einfachen „Sammelverbindungsgruppen“ bis hin zu sehr viel ausgefeilteren Routing-Strategien, wie z.B. dem „Last Idle“-Routing entwickelt werden. In diesem Fall werden die Anrufe an den Kundenberater weitergeleitet, der am längsten auf einen Anruf gewartet hat. Anstelle von diesen Kriterien können auch bereits geführte Gesprächsminuten oder die Kombination aus kaskadenförmig geschachtelten Kriterien zu einer gerechten Verteilung führen.

Verfügbarkeit-basierte Anrufverteilung

Bei dieser Methode können die Agenten selbst ihren Status und ihre Arbeitszeit anführen. So leitet die ACD die Anrufe nicht an alle Mitarbeiter weiter, sondern nur an solche, die verfügbar sind. Dabei wird die Wartezeit des Kunden reduziert und ggf. beschäftigte Agenten werden nicht gestört. Dies sollte in jedem Service-Center der Fall sein.

Gesprächszeit der Agenten

Die ACD leitet die Anrufe an den Agenten weiter, der am inaktivsten ist. Also der Agent, der den längsten Leerlauf zwischen Anrufen hat oder die wenigsten Anrufe annimmt. So können die Arbeitszeiten der Agenten gleichmäßig und effizient gestalten werden. Ebenfalls wird somit verhindert, dass das das Unternehmen einen Mitarbeiter des Service Centers für unproduktive Arbeit bezahlen muss.

Dynamisches / Service Level Routing

Die Auswahl allein aufgrund von Fähigkeiten garantiert nicht unbedingt die Zufriedenheit des Kunden. Verfügt ein Berater wirklich über alle erforderlichen Fähigkeiten? Ist er tatsächlich befugt, die Anfrage des Kunden zu beantworten, oder muss er den Anruf an einen Vorgesetzten weiterleiten, damit er bearbeitet wird? Neben dem kompetenzbasierten Routing werden auch die zu erwartenden Wartezeiten berücksichtigt. Dynamisches Routing ist in dieser Hinsicht hilfreich. Wenn die geplante Wartezeit für eine Fertigkeit gefährdet ist, wird ein „Not“- oder „Reserve“-Berater zugeschaltet.

Sentiment Based Routing – „intelligente“ Regeln

Künstliche Intelligenz (KI) ist seit langem ein wachsender Trend, der in vielen Bereichen genutzt wird, insbesondere im Kundenservice. Eine innovative Anwendung ist das Sentiment Based Routing, das sich in KI-unterstützten ACD-Systemen wiederfindet. Diese Technologie erkennt die Stimmung (Sentiment) und die Absicht (Intent) des Anrufers anhand offener Fragen zu Beginn des Gesprächs, wie beispielsweise „Was ist Ihr Anliegen?“. Dadurch können Anrufe passend weitergeleitet und sortiert werden, was die Effizienz steigert und die Zufriedenheit der Anrufer erhöht. Auch für E-Mails kann diese Form der KI-Analyse verwendet werden, indem die Software eingehende E-Mails im einfachsten Fall anhand bestimmter Schlagwörter oder mittels komplexer Kontextauswertung analysiert.

Sentiment Based Routing erweitert die Funktionalität herkömmlicher ACD-Systeme und ermöglicht eine präzisere Anrufweiterleitung, was wiederum die First Call Resolution (FCR) erhöht und die Mitarbeiter entlastet. Dank Machine Learning entwickelt sich die Software kontinuierlich weiter und erfordert weniger manuelle Anpassungen, was die Wartungskosten senkt und die Effizienz steigert.

Die Conversational AI von VIER ist dabei ein gutes Beispiel für eine Verbindung von KI und ACD. Voice- und Chatbots optimieren die Zuweisung von Anfragen an die richtigen Mitarbeiter durch KI-verbesserte Anliegenerkennung, automatisierte Authentifizierung und Standardanfragen.

Vorteile einer ACD

3.1 Vorteile für den Kunden

Auch wenn die meisten Kunden nicht bemerken, dass ihr Anruf von einer ACD verteilt wird, ergeben sich dennoch viele Vorteile für die Kunden. Da Anrufe automatisch verteilt werden, reduziert sich gleichzeitig die Wartezeit. Dies hat enorme Folgen auf die Kundenbindung und -zufriedenheit. Beim Warten in einer Warteschleife handelt es sich nämlich um subjektive Wartezeit. Bei der subjektiven Wartezeit handelt es sich um die wahrgenommene Wartezeit. Das heißt in den meisten Fällen, dass der Mensch die Wartezeit als länger wahrnimmt als sie eigentlich in Sekunden oder Minuten gemessen ist. Im Gegensatz dazu steht die objektive Wartezeit, diese beschreibt die tatsächliche Wartezeit. Die subjektive Wartezeit sollte so kurz wie möglich gehalten werden, da langes Warten oft Stress auslöst und sich Kunden genervt fühlen.

Es gibt genügend Studien, die zeigen, dass länger als zwei Minuten in einer Warteschleife für viele Kunden schon (zu) lange ist. Hier kann auch eine zusätzliche Funktionalität einer ACD helfen die virtuelle Warteschleife. Sie bietet dem Kunden die Möglichkeit an, für ihn zu warten. Der Kunde kann auflegen und wird, wenn er an der Reihe ist, zurückgerufen.

Zudem kann bei einem sehr großen ungeplanten Anrufaufkommen automatisch ein Überlauf durch die ACD zu weiteren Ressourcen – z.B. einen externen Dienstleister – aktiviert werden. All diese Anstrengungen sind notwendig, um Kunden nicht zu verlieren.

3.2 Vorteile für das Service-Center

Es gibt verschiedene Kennzahlen, anhand derer man die Produktivität eines Service-Centers messen kann. Die ACD liefert die Datenbasis für das Reporting des Service-Centers und unterstützt so bei der Erreichung der gesetzten Ziele.

Kundenzufriedenheit (CSAT)

Der CSAT (Customer-Satisfaction-Wert) steht für die Kundenzufriedenheit und zeigt, wie (un) -zufrieden der Kunde mit dem Produkt oder der Dienstleitung ist. Durch den richtigen Einsatz einer ACD wird die Kundenzufriedenheit gestärkt, da der Kunde schnell eine Lösung für sein Problem erhält und an den passenden Mitarbeiter weitergegeben wird. Der Kunde fühlt sich gut beraten und verbindet das Unternehmen mit etwas Positivem. Viele Kunden erinnern sich eher daran, wie schnell ihr Anruf entgegengenommen wurde, und wie lange er warten musste, als auf die Problemlösung an sich.

Um den CSAT-Score zu berechnen, muss vorher eine Befragung zum Thema Kundenzufriedenheit durchgeführt werden. Den CSAT-Score berechnet man so: Anzahl der zufriedenen Kunden/Anzahl der Befragten x 100. Bei einem Service-Center, welches 3000 Kunden befragt, 2223 davon sind zufrieden, liegt der CSAT bei 74,1%.

Spannend ist sicherlich das viele ACD-Anlagen heutzutage bereits eine After-Call-Befragung in ihrem System integriert haben. Somit können diese Befragungen automatisiert und kontinuierlich durchgeführt werden. Das Management hat jederzeit einen aktuellen Wert der Kundenzufriedenheit vorliegen.

Customer Effort Score (CES)

Der CES zeigt die Mühe, die ein Kunde aufbringen muss, um ein Unternehmen zu kontaktieren. Dabei sollte es einfach für den Kunden sein, mit dem Unternehmen zu interagieren. Kunden wollen nicht lange damit verbringen, auf eine Problemlösung zu warten und sind oft ungeduldig.

Durch die ACD wird der Vorgang erleichtert. Der Kunde muss nur die Nummer des Unternehmens wählen und die Anrufverteilung übernimmt die Aufgabe automatisch den Anruf an einen passenden, freien Mitarbeiter weiterzuleiten. Sie kann automatisch den passenden Mitarbeiter auswählen, daher ist der Anruf unkompliziert und führt zu einer zufriedenstellenden Problemlösung.

Den CES berechnet man durch Aussagen wie „Das Unternehmen hat es mir leicht gemacht es zu kontaktieren“ und den nummerierten Antwortmöglichkeiten dieser wie „1-Stimme völlig zu“. Aus diesen Antwortmöglichkeiten wird dann der Mittelwert berechnet.

Net Promoter Score (NPS)

Der NPS misst die Kundenloyalität, also ob der Kunde bei dem Unternehmen bleibt und ob dieser dazu geneigt ist, das Unternehmen weiterzuempfehlen. Die ACD unterstützt die Problemlösung. Dadurch ist der Kunde eher dazu geneigt, das Unternehmen weiterzuempfehlen. Da die ACD die Kundenzufriedenheit steigert, ist der Kunde willig, dem Unternehmen gegenüber loyal zu sein. Denn Kundenzufriedenheit führt zu Kundenloyalität.

Die Formel zur Berechnung dieses Werts lautet: NPS = % der Promoter (zufriedenste Kunden) – % der Detraktoren (unzufriedenste Kunden). Wurden also 55% der Kunden als zufrieden identifiziert und 30% als unzufrieden, liegt der NPS bei 25%.

Mitarbeiterskalierung

Auch bei der Mitarbeiterskalierung unterstützt die ACD. Durch das effiziente Verteilen der Anrufe, basierend auf bestimmten Kriterien kann das Service-Center Mitarbeiter effizient einsetzen, zudem werden so die Anrufe schneller bearbeitet, weshalb man weniger Arbeitskräfte benötigt. Durch die Echtzeit-Berichte der ACD können Veränderungen des Anrufvolumens schnell erkannt werden, so können Mitarbeiter dann flexibel und passend eingeplant werden. Das Service-Center spart Kosten und Ressourcen. Einige ACD-Systeme bieten Schulungsunterstützungen an, so benötigen neue Mitarbeiter eine kürzere Einarbeitungszeit und sind schneller einsatzbereit.

Bearbeitete Anrufe

Eine weitere wichtige Kennzahl im Service-Center ist die Anzahl der bearbeiteten Anrufe pro Mitarbeiter. Die ACD sorgt dafür, dass die Anrufe der Kunden fair verteilt werden. Da sie Anrufe an freie Mitarbeiter verteilt, kommt es nicht dazu, dass ein Mitarbeiter viele Anrufe entgegennehmen kann und ein anderer verhältnismäßig weniger. Zudem kommt es zu keinen bzw. kürzeren Wartezeiten beim Kunden.

Kosten pro Anruf (CPC)

Da die ACD-Anrufe auch nach der Lukrativität filtern kann und somit Anrufe, die nicht gewinnbringend sind umgehen kann, werden die Kosten für das Service-Center gesenkt.

Dabei können Mitarbeiter vorher bestimmte VIP-Anrufer festlegen oder auch Kriterien, nach denen die ACD einen Anruf bevorzugen soll, erstellen. Das Service-Center spart nicht nur Geld, sondern auch die Kapazität der Mitarbeiter. Diese haben mehr Zeit, um sich um lukrativere Anrufe zu kümmern.

4. Herausforderungen einer ACD

Komplexe Konfiguration und Implementierung

In größeren Service-Centern kann vor allem die erstmalige Einführung eine Herausforderung darstellen. Die Implementierung erfordert eine gut funktionierende interne Kommunikation und die Mitarbeiter müssen sorgfältig geschult werden und sich aktiv mit der Funktionsweise auseinandersetzen. Zudem kann es komplex sein, passende Verteilungsregeln festzulegen. Diese sollten vorher gründlich geplant und überlegt werden.

Integration der ACD bei bestehender Technologie

Jedes Service-Center nutzt eine unterschiedliche Kundendienstsoftware, daher muss das ACD-System auf diese abgestimmt bzw. angepasst werden. Bei einer bestehenden Kundendienstsoftware kann es zu technischen Problemen bei der Einführung der ACD kommen, daher ist es wichtig die richtige ACD-Software auszuwählen und genügend Zeit für die Implementierung und Konfiguration gemeinsam mit der internen IT einzuplanen. Nur so ist gewährleistet, dass dadurch die Erreichbarkeit und auch der Workflow nicht unterbrochen wird.

Skalierbarkeit

In Service-Centern mit einem schwankendem Anrufvolumen stellt die Skalierbarkeit eine Herausforderung dar. Daher ist es wichtig eine ACD zu wählen, welche man anpassen kann. Dabei muss man diese sowohl erweitern, bei einem hohen Anrufvolumen, als auch reduzieren können, bei einem niedrigen Anrufvolumen. Es ist wichtig dies bei der Einführung zu beachten, damit späteren Problemen aus dem Weg gegangen wird. Für diese Herausforderung wäre zum Beispiel eine Cloud-basierte ACD die gute mögliche Entscheidung.

Datenschutz

Da Service-Center fast ausschließlich mit personenbezogenen Daten arbeiten, ist es ebenfalls wichtig, dass die ACD die Datenschutzrichtlinien einhält. Dies kann vor allem bei international agierenden Unternehmen eine Herausforderung sein, da jedes Land andere Datenschutzrichtlinien hat. Es ist einer der wichtigsten Punkte die Richtlinien einzuhalten, da das Service-Center sonst mit rechtlichen Konsequenzen zu rechnen hat. Zudem schreckt das nicht Einhalten der Richtlinien Kunden ab.

Kundenanforderungen und Feedback

Es kann schwierig sein die ACD an die sich verändernden Kundenanforderungen anzupassen.

Da Unternehmen neue Produkte einführen oder bestehende Produkte optimieren und innovieren, können sich analog auch die Kundenbedürfnisse verändern und erweitern. Die ACD muss so flexibel sein, dass man sie an diese anpassen kann, damit den Kunden weiterhin bei allen Anfragen geholfen werden kann. Es benötigt kontinuierlich Zeit und Ressourcen, die Kundenerwartungen immer wieder von Neuem herauszufinden und sich diesen dann entsprechend anzupassen.

6. Investitionen in ACD

Dieses Jahr veröffentlichte das Contact Center Network die CCN-Investitionsstudie 2024. Die Investitionsstudie zeigt seit 2010 aktuelle Herausforderungen, Trends und Investitionsziele in der Branche anhand der Investitionsbereitschaft der Unternehmen.

Seit 2014 steht die ACD bei den Investitionsvorhaben im Fokus: 2017 plante nahezu jedes dritte Unternehmen, in die Anrufverteilung zu investieren. In der CCN-Investitionsstudie 2024 wird deutlich, dass die ACD mit 22 Prozent weiterhin auf der Investitionsagenda der Verantwortlichen steht. Spannend ist, dass Künstliche Intelligenz mit 63 Prozent (Investitionen unter allen Befragten) auf dem ersten Platz liegt. Es ist also anzunehmen, dass zukünftig mehr in ACD-Systeme investiert wird, die unter anderem KI Automatisierungsmöglichkeiten mit anbieten.

Investitionsentwicklung Anrufverteilung in Prozent – Quelle: CCN

7. Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine ACD aus dem modernen funktionierenden Service-Center nicht mehr wegzudenken ist und sowohl für den Kunden als auch für die Mitarbeiter des Service-Centers viele Vorteile bietet. Die technische Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte und die Möglichkeiten, die Künstliche Intelligenz heute bietet, führen dazu, dass es längst nicht mehr nur um eine einfache Anrufverteilung geht, sondern darum, Wartezeiten für Anrufer zu verkürzen, standardisierbare Tätigkeiten in den Self-Service zu transformieren, und somit die Mitarbeiter für die wirklich wichtigen Dialoge mit den Kunden vorhalten zu können. Die ACD hat also einen unmittelbaren Einfluss auf die Kundenzufriedenheit und hat sich durch ihren Funktionsumfang zu einem zentralen Baustein jeder Service-Architektur entwickelt. Erst durch sie wird der Kundenkontakt effizient ermöglicht.

Wie Anrufe verteilt und priorisiert werden ist die Basis eines funktionierenden Service-Centers. Durch die richtigen Einstellungen und Anwendung der ACD werden Mitarbeiter entlastet und das Service-Center kann Ressourcen und Kosten sparen. Um diese jedoch effizient zu nutzen, ist es wichtig im Vorhinein die Bedürfnisse der zu servisierenden Kunden-Zielgruppen und des Service-Centers zu ermitteln und die Verteilungsregeln an diese anzupassen. Die ACD wird immer ein wichtiger Bestandteil des Service-Centers bleiben, da sie vielseitig einsetzbar ist und man die ACD auch an zukünftige Trends anpassen kann.

Die automatische Anrufverteilung muss durch die verschiedenen Arten und Algorithmen individuell auf das Kundenklientel des Service-Center zugeschnitten werden, was sie zu einer wichtigen Software in einem Service-Center macht. Vgl. auch „Contact Center of the Future“ {link}. Hier zeigen wir auf welche Systeme die Kernelemente einer Kunden-Service-Einheit bilden.

Um Fehlinvestitionen zu vermeiden ist es in der Regel immer hilfreich einen externen, neutralen Partner einzuschalten. Schacht Consulting unterstützt erfolgreich beim Prozess- & Servicedesign und schließlich auch bei der Auswahl der richtigen ACD sowie der Einführung dieser. In Zusammenarbeit mit dem Service-Center werden aktuelle und individuelle Kennzahlen, Rahmenbedingungen, Einbindung in bestehende Systemlandschaften, Arbeitsmodelle herausgearbeitet und berücksichtigt. Es ist uns immer wichtig, alle Elemente eines erfolgreichen Kundenservice zu betrachten. In diesem Zusammenhang und gemeinsam mit unseren Auftraggebern wählen wir die richtigen Software-Lösung für Ihre Anforderungen. Dabei spielen nicht nur Kennzahlen eine Rolle, sondern es werden ebenfalls die individuellen Bedürfnisse der Service-Center-Mitarbeiter mit denen der Kunden verknüpft. So kann ein idealer Workflow im Service-Center, wir nennen es die Agent Journey, mit der Kundenreise – der Customer Journey – abgeglichen und realisiert werden. Die ACD ist somit Enabler und ideales Verbindungselement zweier kommunizierender Welten auf dem Weg zum idealen Kundenerlebnis.