Ludger brennt für sein Thema und erzählt von einem Kollegen. Dessen „Irritant Value Matrix“ bringt nämlich ein wirtschaftliches Dilemma auf den Punkt. Menschen, die wenig Umsatz bringen, wollen mit dem Unternehmen reden. Unternehmen, wollen mit Leuten sprechen, die aber gar nicht mit dem Unternehmen sprechen wollen. Und schließlich gibt es auch noch solche, mit denen das Unternehmen eigentlich nicht sprechen will, weil sie nur wenig Umsatz bringen, die aber im Gegenzug auch nicht mit dem Unternehmen sprechen wollen. Und manchmal ist es wie bei Dagmar: Sie will mit dem Unternehmen über Charlie sprechen und das Unternehmen müsste sich eigentlich bemühen, auch mit Dagmar einen guten Dialog zu führen. Denn ordentlich Umsatz – da ist sich Dagmar sicher – bringt sie mit den teuren Schweiz-Urlauben ganz sicher.

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CCN Quiz

Um das alles zu strukturieren, wollen wir uns die Frage stellen, ob man sich das Leben nicht für alle Beteiligte einfacher machen kann. Lassen Sie sich überraschen und auf dieses Gedanken-Spiel ein. Gibt es Dinge, die Sie als Kunde nur im direkten Kontakt mit einem Mitarbeiter besprechen möchten? Und gibt es nicht auch Dinge, die Sie lieber selbst erforschen möchte. Sich selbst einen Weg bahnen, ohne dass Sie von einem Mitarbeiter beeinflusst werden?

Aufgabe 1

Um einfach anzufangen, teilen Sie doch die folgenden Punkte in zwei Kategorien ein. Was wären denn Dinge, die Sie selbst machen möchten? (Selbst)
Und bei welchen Punkten benötigen Sie Hilfe durch den Anbieter also dem Unternehmen? (Hilfe)

Aufgabe 2

Nun versuchen wir das Gleiche aus Sicht des Unternehmens zu betrachten. Dieses möchte Ihnen gerne möglichst alles rund um die Uhr zur Verfügung stellen. Daher versucht es viele Punkte entweder automatisiert oder im Self-Service anzubieten. (=Autom) Dennoch gibt es Dinge, die es nur mit Ihnen persönlich abwickeln kann und will, was sind diese Punkte. (=Persönlich). Gehen Sie die Liste nochmals mit dieser Sichtweise durch.

1. Durchgang
„Selbst“ oder „Hilfe“
2. Durchgang
„Autom.“ oder „Persönl.“
Kombination
(A, B, C oder D)
Informationen über mögliche Reiseangebote einsehen
Rahmenbedingungen zur Reise, wie Zeiträume, Dauer, Besonderheiten etc. erfragen
Erfahrungen von Gästen zu den bisherigen Reisen dieses Anbieters einsehen
Beste Reisezeiten erfragen
Individuelle Preismöglichkeiten für die Reise zu zweit besprechen
Akzeptierte Zahlungsmittel einsehen
Reiserücktrittinformationen ermitteln
Spezielle Angebote für Flitterwochenpaare besprechen
Geheimtipps für die Reise zu Zweit ermitteln
Informationen zu Nachhaltigkeit einsehen

Kombination ermitteln

Nachdem es vier verschiedene Kombinationsmöglichkeiten gibt, tragen Sie in der letzten Spalte der Tabelle die folgenden Buchstaben für die Kombinationen ein:

Selbst-Automatisch = A
Selbst-Persönlich = B
Hilfe-Automatisch = C
Hilfe-Persönlich = D

Zählen Sie nun die Häufigkeiten der vorkommenden Kombination und übertragen Sie die Werte in die folgenden korrespondierenden Kästen:

Unternehmen will mit Kunden sprechen

PERSÖNLICH

Vereinfachen (A)

Persönlich kommunizieren (B)

Unternehmen will nicht mit Kunden sprechen

AUTOMATISIEREN

Eliminieren (C)

Automatisieren (D)

Kunde will nicht mit Unternehmen sprechen

SELBST

Kunde will mit Unternehmen sprechen

HILFE

Gerne versuchen wir Ihnen nun die einfache Welt der Value-Irritant-Matrix anhand dieses einfachen Beispiels zu erklären:

Oft ist bei allen Digitalisierungs-Anstrengungen nicht klar, welche digitalen Initiativen einem strategischen Plan folgen und wie diese den Nutzen für den Kunden oder die Profitabilität für das Unternehmen steigern. Mit diesem Tool kann ein solches koordiniertes Vorgehen geplant und realisiert werden.

Die Grundidee ist es dabei festzustellen, bei welchen Kunden-Dialogen Kunde und Unternehmen gleichzeitig Interesse am persönlichen Kontakt haben. Nur hier kommen wertstiftende Gespräche zustande. Ein bewährtes Analysewerkzeug ist in diesem Zusammenhang die von Bill Price entwickelte Value-Irritant Matrix.

Danach wird einerseits aus der Sicht der Unternehmung überlegt, ob diese an einem persönlichen Dialog mit dem Kunden unter Service-Gesichtspunkten interessiert ist, weil sie etwas über ihre Produkte und Dienstleistungen lernen kann, sich dadurch Ideen für Einsparungen ergeben sowie, ob sich durch den Kontakt eine Chance ergibt, weitere Produkte oder Leistungen zu verkaufen oder eben nicht.

Andererseits wird systematisch die Perspektive des Kunden auf den Servicekontakt eingenommen. Ist der Kunde wirklich an einem persönlichen Kontakt interessiert, weil er Antworten auf seine Fragen oder einen Rat bekommt und im Idealfall Geld sparen kann, oder sieht er gar keine Notwendigkeit, mit einem Unternehmen in Kontakt zu treten und empfindet den Kontakt als ärgerlich?

Besteht eine Interessendivergenz (hat also der Kunde ein hohes Interesse, eine Problemlösung zu erhalten, das Unternehmen schätzt diesen Kontakt vor allem als zusätzliche Kosten ein), sollte der Kontakt automatisiert werden. Das ist vor allem dann spannend, wo Kunden immer wieder die gleichen Fragen stellen. In diesem Zusammenhang geht es häufig um das Verständnis der Funktionsweise von Produkten und Dienstleistungen, auch Self Service genannt.

Andere Unternehmen haben so beispielsweise zu den häufigsten Service-Vorfällen unterhaltsame Erklärvideos produziert, die für den Kunden einen hohen Mehrwert darstellen. Ein anderer ist der Einsatz von Voice- oder Chatbots, um einzelne Business Prozesse vollständig zu automatisieren.

Die Value-Irritant Matrix unterstützt auch im umgekehrten Fall, dass das Unternehmen darauf angewiesen ist, dass der Kunde einen Kontakt mit dem Unternehmen hat und beispielsweise im Hinblick auf Compliance-Vorgaben bestimmte Informationen preisgibt oder bestätigt. Derartige Kontakte empfinden Kunden häufig als lästig. Hier gilt es, die Kontakte, wie beispielsweise einen Check-In oder Teilkontakte eines Prozesses wie eine notwendige Identifikation des Kunden, möglichst zu vereinfachen. Die vielfältigen Ansätze in mehreren Branchen zum Online-Self-Onboarding zeigen den Erfolg solcher Ansätze.

Übrigens, die Liste oben ist nur ein kleiner Ausschnitt. Folgende Punkte könnten in einem „echten“ Projekt auch berücksichtigt werden:

Prozess Kombination
Inspirationen zu Aktivurlauben einsehen Selbst/Autom. (A)
Last Minute Urlaube besprechen Hilfe/Persön. (D)
Informationen zu Reiseänderungen ermitteln Hilfe/Autom. (C)
Mögliche Zielländer im Angebotsportfolio einsehen Selbst/Autom. (A)
Preisindikationen zu möglichen Reisen einsehen Selbst/Autom. (A)
Möglichkeiten besprechen, auf Allergien und Unverträglichkeiten beim Reiseziel zu reagieren Hilfe/Persön. (D)
Informationen zu Flugverspätungen einsehen Selbst/Autom. (A)
Mit jemandem besprechen, welchen schlechten Service man während der Reise erlebt hat Hilfe/Persön. (D)
Mit jemanden die Möglichkeiten besprechen während einer Reise Rücktransporte wegen Krankheit zu organisieren Hilfe/Persön. (D)
Besprechen welche Hilfe im Notfall erbracht werden können, z.B. Geldmittel verschwunden, Unfall erlebt, … Hilfe/Persön. (D)
Unterschrift unter dem abgeschlossenen Reisevertrag einsehen Selbst/Autom. (A)
Ermitteln welche zusätzlichen Leistungen zur Reise hinzugebucht werden können. Z.B. Zimmer-Up-Grade, Business-Class-Tickets, Tauchkurs-Vor-Ort, Spezielle Rund-Um-Sorglos-Versicherung, … Hilfe/Autom. (C)
Anzahlungsfälligkeiten und Zahlungsziele zu Ihrer persönlichen Reise ermitteln Hilfe/Autom. (C)
Persönlich besprechen, ob die Reise noch so wie gebucht, stattfindet – Pandemie, Vulkanausbruch, … Hilfe/Persön. (D)
Reiserücktrittsmöglichkeiten einsehen Selbst/Autom. (A)
Sonderkündigungsmöglichkeiten besprechen, da der Reisepartner sich ganz unverhofft getrennt hat. Hilfe/Persön. (D)
Wetteraussichten zu ihrer individuellen Reise und Reisezeitraum, 10 Tage vorher einsehen Selbst/Autom. (A)
Persönlich besprechen, wie die Adresse noch geändert werden kann, da nach der Buchung noch unverhofft umgezogen werden konnte. Hilfe/Persön. (D)
Ermitteln, wie die Bankverbindung für die 2. Rate geändert werden kann Hilfe/Autom. (C)
Finale Buchung erfragen Selbst/Persön. (B)